Geschichte der Traditionellen Chinesischen Medizin

Herkunft und Entwicklung

Die chinesische Medizin hat ihre Ursprünge im alten China. Das älteste Lehrbuch, das „Huang Di Nei Jing“ (der Klassiker der inneren Medizin des Gelben Kaisers) ist ca. 300 Jahre vor unserer Zeitrechnung geschrieben worden und gilt im Osten wie im Westen heute noch als wichtige Grundlage einer fundierten Ausbildung in Chinesischer Medizin. Es belegt, wie früh es in China schon zu einer differenzierten Betrachtung der Natur, des mensch­lichen Wesens, der Ursachen von Krankheit und deren Behandlung kam.

Frühzeitliche Malerei

Frühzeitliche Malerei

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bein­haltet verschiedene Therapien: Akupunktur, Moxi­bustion (Erwärmung von Akupunkturpunkten durch glimmende Kräuter), Kräuterheilkunde (in China macht diese den Großteil der Anwendungen aus), Diätetik (Ernährungstherapie), Tuina/Anmo (Chi­nesische Massage), Qigong und Taijiquan (Atem- und Bewegungstherapie).

Die Ausbildung in China an einer TCM- Hochschule mit TCM- Lehrkrankenhaus dauert mindestens 5 Jahre.

I. Die Frühzeit

Archaisches Zeitalter: ca. 2600-2000 v. Chr.

Xia-Dynastie: ca. 2000-1520 v. Chr.

Shang- oder Yin-Dynastie: ca. 1520-1030 v. Chr.

Einflüsse auf die praktizierte Chinesische Medizin bestehen aus dieser Zeit noch heute:

  • Das Orakelwesen ist beispielsweise mit dem Yijing (oder auch I Ging) heute auch im Westen populär geworden.
  • Die Dämonenmedizin betrachten einige Schulen als Wurzel einer Psychotherapie. Verschiedene seelische Kräfte wirken auf den Menschen und haben ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Krankheit. Hierbei sind aber – anders als im Westen – diese seelischen Impulse eng mit den körperlichen Strukturen und den Organen verbunden.

II. Das Altertum

Westliche Chou-Dynastie: ca. 1030-771 v. Chr. –  Zeitalter des Frühlings und Herbstes: 722-481 v. Chr. – Zeitalter der Streitenden Reiche: 403-221 v. Chr.

In dieser Zeit entstanden zwei philosophische Rich­tungen, welche die Chinesische Medizin und die asiatische Kultur insgesamt heute noch prägen:

Daoismus

Der Begründer dieser Philosophie war Laozi. Grundgedanke des Daoismus ist, dass der Mensch zur Erlangung von Glück und Unsterblichkeit mit dem Dao (dem „Lauf der Welt“) im Einklang leben sollte. Später hatte der Daoismus vielfältige religiöse und spirituelle Richtungen eingeschlagen.

Konfuzianismus

Durch Konfuzius begründet, ist der Konfuzianismus durch die Betonung des Menschen in seiner Ein­bettung in familiäre und soziale Strukturen geprägt. Sein Heil und Unheil hängen vom Funktionieren der Beziehungen zur Familie und zu den Ahnen ab. Die „goldene Regel‘ zu einer moralisch sittlichen Lebensführung ist zu vergleichen mit dem deut­schen Sprichwort: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu“.

III. Das Mittelalter

Qin-Dynastie 221-206 v. Chr. und die beiden Han-Dynastien: 206 v. Chr.-221 n. Chr.

Die Wurzeln der schriftlich überlieferten chinesi­schen Heilkunde wurden hier bereitet. Das Medi­zinsystem wurde in dieser Zeit durch eine zuneh­mende Betonung innerer Ursachen für Krankheiten geprägt. Analog zur Schaffung eines goldenen chinesischen Zentralstaats mit einer ausgefeilten Infrastruktur trat das Konzept „Qi“ mehr und mehr in den Vordergrund des Denkens. Nicht mehr Dämonen oder Ahnen waren Auslöser für Krankheit, sondern eine Störung in Produktion und Verteilung des Qi.

Zersplitterung Chinas: 221-589 n. Chr. –  Sui-Dynastie: 589-618 n. Chr. – Tang-Dynastie: 618-907 n. Chr.

In den Jahrhunderten nach der Han.Zeit, der Zeit der politischen Zersplitterung Chinas, kam der Buddhismus zusätzlich zum Daoismus als dominierende intellektuelle Strömung aus Indien nach China. Die buddhistische Ethik und Moral schlug sich auch in den dort geschaffenen Werken der chinesischen Medizin nieder. Das richtige Verhalten zur richtigen Zeit galt es beispielsweise herauszufinden, und so wurde z.B. die Chrono – Akupunktur in der Tang-Zeit entwickelt, nach der jeder Punkt zu einer bestimmten Zeit gestochen ganz besondere Wirkungen entfaltet.

IV. Die Neuzeit

Zeit der fünf Dynastien: 907-960 – Die beiden Song-Dynastien: 960-1280 – Yüan- (Mongolen-)Dynastie: 1280-1368

In dieser Zeitepoche kam es zu einer Restauration des alten konfuzianischen Denkens. Der „Neokon­fuzianismus“ integrierte jedoch auch buddhistisches und daoistisches Denken. In der „Schule der Mitte“ des Arztes Li Dongyuan spiegelte sich dieses integrative Denken wieder: der wichtigste Ansatz­punkt für das Gesundwerden eines Menschen ist die Pflege der „Mitte“, also geregelte gute Ernährung ebenso wie meditative Techniken. Konfuzianismus und Buddhismus ergänzten sich im Neokonfuzianismus in ihren rigoristischen Tendenzen und ihrer Sinnesfeindlichkeit.

Ming-Dynastie: 1368-1644 – Qing- oder Mandschu-Dynastie: 1644-1911

Nach dem Niedergang der konservativen konfuzi­anischen Ming-Dynastie prägte in den kommenden Jahrhunderten mehr und mehr die Auseinandersetzung mit dem Westen auch die Gedanken zur Heilkunde. Grosse Werke der Arzneitherapie und der Akupunktur wurden in dieser Zeit geschaffen, wie die Pharmakopoe des Li Shi Zhen und das Zhen Jiu Da Cheng, das „Grosse Kompendium der Akupunktur“.

V. Die Moderne

Republik 1911- 1949 – Volksrepublik China ab 1949 – Republik China/Taiwan ab 1949

Medizinisches Bildnis

Medizinisches Bildnis

In der Volksrepublik China wurde die altherge­brachte Chinesische Medizin nach den politischen und gesellschaftlichen Erfordernissen vereinheitlicht und von „überflüssigen“ Aspekten „bereinigt“. Im Vordergrund stand die Arzneimitteltherapie, die mit mystischem Ballast beladene Akupunktur wurde schematisiert und vereinfacht. Das neu geschaffene System der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wurde dann fester Bestandteil des Gesund­heitssystems mit Universitäten, Krankenhäusern und geregelten Ausbildungen. Die weltweite Ver­breitung der TCM wird von der VR China als Export wichtigen chinesischen Kulturguts verstanden und gefördert.

Trotz Annäherung an den Westen durch die VR China (1911-1949) auf dem Festland und durch die Republik Taiwan (seit 1949) ist die Akupunktur mit ihren alten Elementen neben der Arzneimittel­therapie eine häufig praktizierte und allseits ak­zeptierte Therapieform. In den „Chinatowns“ findet man die alte chinesische Heilkunde weltweit verbreitet.

VI. Der Westen

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Akupunktur in der gesamten westlichen Welt vor allem durch französischsprachige Literatur geprägt. Erst nach der Öffnung der VR China in den 70er Jahren kam es zu einem Boom der TCM zunächst in den USA, dann auch in Europa und Deutschland.

Inzwischen praktizieren in Deutschland zehntausende von Ärzten und Heilpraktikern die verschiedenen Formen der TCM, also Akupunktur und/oder Arznei­mitteltherapie, Tuina (Massage), Qigong (Atem- und Bewegungstherapie).

Umfangreiche mehrjährige Ausbildungen von bis zu 1500 Stunden werden angeboten. Ein befriedigender festgelegter Qualitätsstandard existiert jedoch nicht. Ein qualifizierter Therapeut ist für den Patienten aber dadurch zu erkennen, dass er die chinesische Medizin als eigenständige Heilkunde begreift. Mit der eigenen Diagnostik (Puls- und Zungendiagnose) erstellt er ein individuelles, d.h. auf jeden einzelnen Patienten persönlich zugeschnittenes Therapiekonzept.